Seitdem die AfD im Bundestag sitzt, ist für sie irgendwie die Luft raus. Ihre Ausschussvorsitzenden werden mit dem politischen Rollator in ihr Amt eingeführt. Sie können es nicht ohne Gehhilfe. Man hilft ihnen distanziert, aber fair. Doch hüten wir uns vor Überheblichkeit. In die Hamburgische Bürgerschaft bin ich 1984 als Fundi eingerückt, und als Realo kam ich wenig später heraus. „Parlament“ kommt von „parlare“, reden – und manchmal fand ich die Argumente der Konkurrenz einfach einleuchtender als unsere eigenen von der GAL. Warum will ich den AfD-Abgeordneten in Bund und Ländern nicht auch diese heilsame Erfahrung gönnen?
Gewiss, sie müssen sich entscheiden. Sie können auf der Bundestagstoilette sitzend kleine Hakenkreuze an die Kabinenwand malen – aber wie lange wird das Spaß machen? Andreas Klärner hat vor etlichen Jahren dem deutschen Rechtsextremismus sein eigenes Dilemma vor Augen geführt – in A-Stadt, „zwischen Militanz und Bürgerlichkeit“. Militanz verliert. Der AfD sitzt eine historische Kette von rechten parlamentarischen Pleiten im Nacken. REPs, DVU und NPD haben sich gezankt, beschimpft, beklaut und sogar geschlagen – bis zum bitteren Niedergang. Einfach Kotzbrocken. Für die Debatte waren sie fast immer zu blöd.
Wählt die AfD den Weg des Hakenkreuzes, so hat die deutsche Demokratie eine geniale Mischung aus strafrechtlicher Bekämpfung, politischer Aufklärung, Erinnerungskultur und moralischer Ausgrenzung für sie bereit – ein so scharfes Instrument, wie sie kein anderes Land der Europäischen Union bereithält. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass es nicht so kommt. Der verführerische Reiz der parlamentarischen Deliberation ist nicht zu unterschätzen. Und „über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“ (Kleist) sind schon viele Choleriker gestolpert. Deshalb dürfen wir vielleicht, in den abgewandelten Worten unserer Kanzlerin, der AfD ganz cool sagen: „Wir schaffen euch.“ Nicht wahr, Herr Gauland? Ihr Name ist doch Programm. Am Ende ein Land ganz ohne Gaue. Ein besseres Deutschland.